Geriatrie für wen?

„Geriatrie ist Teamsache!“

 Stadtkrankenhaus hilft betagten Patienten wieder auf die Beine

Erika L. fiel es in letzter Zeit immer schwerer die Treppen hochzukommen. Als auch noch Atemnot hinzukam, wurde sie mit der Diagnose einer akuten Herzschwäche ins Krankenhaus gebracht. Dabei hatte Frau L. Glück: nach der ersten Behandlung in der Kardiologie konnte sie in die Geriatrie, die Abteilung für Alterserkrankungen, verlegt werden. „Denn Erkrankungen, die Menschen in jungen Jahren relativ gut überwinden, bringen im Alter oftmals große Herausforderungen für die Betroffenen und auch die Angehörigen mit sich“, erläutert Dr. Steffen Schlee, Chefarzt der Geriatrie im Stadtkrankenhaus Korbach „Ältere Menschen verlieren nach längerer Bettlägerigkeit häufig einen Teil ihrer Selbständigkeit oder werden schlimmstenfalls gar zum Pflegefall.“

„Situationen, wie in diesem geschilderten Fall, treten tagtäglich auf“, weiß Dr. Schlee. Die geriatrische Frührehabilitation richte sich daher an betagte Patienten, deren Selbständigkeit nach einem operativen Eingriff oder während einer schweren Erkrankung bedroht oder verloren gegangen ist. „Unser Ziel ist es, ihre Beweglichkeit und Selbstständigkeit wiederherzustellen und möglichst langfristig zu erhalten“, so Dr. Schlee. Dabei werden die Patienten ganzheitlich unter die Lupe genommen. „Das bedeutet, dass wir uns auch alle anderen, oft altersbedingten, Erkrankungen ansehen und die Medikamente und deren Wechselwirkungen überprüfen“, erläutert Dr. Schlee das Prinzip der Geriatrie.

 

Dr. Steffen Schlee, Chefarzt der Geriatrie im Stadtkrankenhaus Korbach, erklärt für wen die Geriatrie geeignet ist:

Was ist das Besondere an der Geriatrie?
Dr. Steffen Schlee: „Die Geriatrie ist auf Alterserkrankungen spezialisiert. Wir behandeln ältere Patienten, die häufig unter Mehrfacherkrankungen leiden. Zusätzlich haben sie eine akute, aktuell behandlungsbedürftige, Erkrankung. Die unterschiedlichen Alterserkrankungen erfordern Spezialkenntnisse, die über die Grenzen der einzelnen medizinischen Fachgebiete hinausgehen. Darum ist Geriatrie auch Teamsache.“

Welches sind die häufigsten behandlungsbedürftigen Erkrankungen?
Dr. Steffen Schlee: „Unsere Patienten kommen oftmals nach Frakturen etwa der Oberschenkel, Lendenwirbelsäule oder des Beckens aber auch mit inneren Erkrankungen wie etwa Herzschwäche, Schlaganfälle, Lungenentzündungen, zu uns. Hinzu kommen altersbedingt nicht selten eine große Zahl von Begleiterkrankungen. Daher haben die Patienten häufig sehr viele Medikamente und sind nicht selten überversorgt. Zu viele Medikamente können kontraproduktiv sein, weil es zu Interaktionen kommen kann. Wir Geriater schauen daher, ob ggf. einige Medikamente abgesetzt werden können und nehmen eine Priorisierung der Erkrankungen vor. Daneben gibt es aber auch Erkrankungen, bei denen eine medikamentöse Behandlung dringend notwendig ist, die aber oft noch nicht ausreichend beachtet wird, wie etwa die Osteoporose (Abnahme der Knochenmasse). Es gilt zu entscheiden, welche der vielen Erkrankungen prognosebestimmend ist.“

Welches Ziel hat die Behandlung?
Dr. Steffen Schlee: „Auf jeden Fall die Verbesserung der Lebensqualität. Unser Ziel ist immer der Erhalt oder die Wiederherstellung der Selbstständigkeit im alltäglichen Leben. Es geht darum, Patienten nach Möglichkeit die Selbstversorgung zu erhalten bzw. wieder aufzubauen und vielleicht einen verfrühten Heimaufenthalt abzuwenden. Es kann im Einzelfall aber auch darum gehen, die Genesung eines Patienten so weit zu unterstützen, dass er eine Rehabilitationsmaßnahme beginnen kann.“

Wie unterscheidet sich die geriatrische Behandlung von einer „normalen“ Krankenhausbehandlung?
Dr. Steffen Schlee: „Im geriatrischen Team arbeiten spezielle Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen, Sozialarbeiter, Seelsorger und Ärzten gemeinsam und fachübergreifend im Team. So unterscheidet sich die Pflege beispielsweise grundlegend von der Pflege auf anderen Stationen. In der Geriatrie erfolgt eine aktivierende Pflege. Wir schauen, was kann der Patient selbstständig und wo geholfen muss werden muss und leiten ihn an. Die Pflegekräfte übernehmen beispielsweise nicht das Waschen des Patienten, sondern geben Anregungen, dass der Patient etwas erlernt, wieder mitmacht und selbstständig wird. Alle Maßnahmen für jeden einzelnen Patienten werden individuell festgelegt. Die festgestellten Probleme werden dann gezielt therapiert. Ein wichtiger Punkt ist der Aufbau von Mobilität. Stürze sind im Alter nicht ungewöhnlich, dem Selbstständigen Gehen und der Sturzprävention widmen wir in der Geriatrie daher besondere Aufmerksamkeit.“

Wann ist eine geriatrische Rehabilitation die richtige Wahl?
Dr. Steffen Schlee: „In der Regel sind unsere geriatrischen Patienten 70 Jahre oder älter. Das Alter allein ist aber nicht ausschlaggebend. Im Einzelfall können auch jüngere Patienten, die mehrfach erkrankt sind, aufgenommen werden. Das muss im Einzelfall entschieden werden.“

 Wer stellt den Antrag auf eine geriatrische Reha?
Dr. Steffen Schlee: „Oft läuft die geriatrische Frührehabilitation parallel zu einem akuten Leiden, mit dem der Patient eigentlich in einem anderen medizinischen Bereich des Stadtkrankenhaus Korbach aufgenommen wurde. Dann stellt der Klinikarzt oder Sozialdienst den Antrag. Es kann sich aber auch um eine Verlegung aus einer anderen Akutklinik der Region handeln. Und auch eine Einweisung über Haus-/Fachärzte oder als Notfallpatient über den Rettungsdienst sind möglich.“

 

 

Bildunterzeile:

Dr. Steffen Schlee, Chefarzt der Geriatrie im Stadtkrankenhaus Korbach, (links im Bild) ist die Teamarbeit in der Geriatrie wichtig. Zusammen mit speziell ausgebildeten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen wie Anna Lena Geldbach und Xenia Schechtel sowie Assistenzarzt Saleh-Yezan Abdulaal kümmert er sich um betagte und hochbetagte Patienten.

* Alle Bezeichnungen richten sich an alle Geschlechter

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